Ferienwohnung & Steuern: 4 überraschende Erkenntnisse aus einem BFH-Urteil, die jeder Vermieter kennen muss

von | 16.10.2025

Ferienwohnung & Steuern: 4 überraschende Erkenntnisse aus einem BFH-Urteil, die jeder Vermieter kennen muss

Als Vermieter einer Ferienwohnung kennen Sie die Sorge nur zu gut: Sie investieren in Ihre Immobilie, kümmern sich um Gäste und Marketing, doch am Jahresende steht ein steuerlicher Verlust. Die größte Befürchtung dabei ist, dass das Finanzamt diesen Verlust nicht anerkennt und Ihre Bemühungen als „Liebhaberei“ abtut. Ein wegweisendes Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) bringt nun endlich mehr Klarheit und stärkt engagierten Vermietern den Rücken. Es zeigt: Nicht jedes schwache Jahr ist ein Problem, sondern eine kalkulierbare Variable in einer mehrjährigen Strategie. Der BFH hat damit die entscheidenden rechtlichen Leitplanken gesetzt und den Fall zur Neubewertung an die Vorinstanz zurückverwiesen, was die Bedeutung dieser neuen Grundsätze unterstreicht.

1. Ein schlechtes Jahr ist kein Beinbruch: Der neue Mehrjahres-Zeitraum ist entscheidend

Die wichtigste Erkenntnis aus dem BFH-Urteil (Az. IX R 23/24) ist eine grundlegende Abkehr von der starren Jahresbetrachtung. Das Finanzamt darf nicht länger ein einzelnes, vielleicht schwaches Jahr herauspicken, um über die Anerkennung Ihrer Verluste zu entscheiden. Stattdessen legt der BFH für die Beurteilung einen zusammenhängenden Zeitraum von drei bis fünf Jahren zugrunde.

Dies ist eine enorme Erleichterung für alle Vermieter. Saisonale Schwankungen, eine Flaute durch lokale Ereignisse oder eine notwendige Renovierung können so in einem längeren Zeitraum ausgeglichen werden. Die Logik des Gerichts ist dabei, kurzfristige Verzerrungen zu vermeiden und ein faires Gesamtbild zu erhalten.

… um den Einfluss temporärer Faktoren möglichst gering zu halten und ein einheitliches Bild zu erlangen …

Diese mehrjährige Betrachtung ist die direkte Antwort des Gerichts auf ein Problem, das in der starren, jahresbezogenen Prüfung liegt: der 25%-Grenze.

2. Die 25%-Grenze: Wie viel Puffer Sie gegenüber dem lokalen Durchschnitt haben

Um zu prüfen, ob Sie Ihre Ferienwohnung mit der Absicht vermieten, Gewinne zu erzielen (sog. Überschusserzielungsabsicht), nutzt das Finanzamt einen Vergleichswert: die ortsübliche Vermietungszeit. Die gute Nachricht ist, dass Ihre Gewinnerzielungsabsicht grundsätzlich angenommen wird. Nur wenn Ihre tatsächliche Vermietungszeit die ortsübliche Zeit „erheblich“ – also um mindestens 25 % – unterschreitet, wird genauer hingeschaut.

Der Fall vor dem BFH illustriert perfekt, warum die alte, jahresbezogene Betrachtung so problematisch war:

  • 2017: Die Klägerin vermietete an 72 Tagen, ortsüblich waren 108 Tage. Das ist eine Unterschreitung von über 33 % ((1 – 72/108) * 100).
  • 2018: Sie vermietete an 44 Tagen, ortsüblich waren 87 Tage. Hier lag die Unterschreitung bei fast 50 % ((1 – 44/87) * 100).

Betrachtet man jedes Jahr einzeln, sieht die Lage kritisch aus. Erst die vom BFH geforderte Mehrjahresbetrachtung erlaubt es, solche Ausreißer durch bessere Jahre zu kompensieren und ein realistisches Bild Ihrer Vermietungstätigkeit zu zeichnen. Um diese faire Mehrjahresbetrachtung jedoch für sich nutzen zu können, weist der BFH dem Vermieter eine neue, aktive Rolle zu.

3. Sie sind am Zug: Die Beweislast liegt beim Vermieter

Einer der überraschendsten und zugleich stärksten Aspekte des Urteils ist die aktive Rolle, die es dem Vermieter zuweist. Der BFH hat entschieden, dass der Steuerpflichtige selbst den relevanten Drei- bis Fünfjahreszeitraum benennen und die entsprechenden Zahlen nachweisen muss.

Was zunächst wie eine Bürde klingt, ist in Wahrheit eine strategische Stärkung Ihrer Position. Sie sind nicht mehr nur der passiv geprüfte Akteur. Strategisch bedeutet das: Sie können einen Betrachtungszeitraum wählen, der beispielsweise das umsatzstarke Jahr nach einer Renovierung einschließt, das schwache Renovierungsjahr selbst aber bewusst ausklammert. Das macht eine lückenlose Dokumentation nicht nur zur Pflicht, sondern zu einem mächtigen Gestaltungsinstrument.

Insoweit obliegt die Darlegungslast dem Steuerpflichtigen, den Zeitraum zu benennen sowie die einschlägigen Werte darzustellen und nachzuweisen.

4. Die Zukunft rettet die Vergangenheit: Auch spätere Erfolge zählen

Normalerweise blickt das Steuerrecht auf abgeschlossene Zeiträume. Dieses Urteil bricht mit dieser Logik auf eine für Vermieter sehr vorteilhafte Weise: Auch die Entwicklungen nach den strittigen Steuerjahren können und müssen in die Betrachtung einfließen.

Im konkreten Fall argumentierte die Klägerin erfolgreich, dass ihre deutlich besseren Vermietungszahlen aus den Jahren 2019 und 2020 die schwächeren Ergebnisse von 2017 und 2018 relativieren. Der BFH folgte dieser Argumentation. Dies gibt Ihnen eine wichtige strategische Möglichkeit: Nutzen Sie diese späteren Erfolge gezielt, um Verluste aus der Anlaufphase – etwa nach einem Kauf, einer Renovierung oder einer Marketingumstellung – gegenüber dem Finanzamt steuerlich zu untermauern.

Fazit: Mehr Sicherheit für engagierte Vermieter

Das Urteil des Bundesfinanzhofs (Az. IX R 23/24) ist mehr als nur eine technische Korrektur; es ist ein klares Signal für mehr Rechtssicherheit. Es schützt Vermieter, die ihre Ferienwohnung ernsthaft am Markt anbieten, vor pauschalen und kurzsichtigen Entscheidungen der Finanzverwaltung. Die strategische Konsequenz für Sie als Vermieter ist klar: Ihre Buchungs- und Auslastungsdaten sind nicht mehr nur Vergangenheitsbewältigung, sondern das entscheidende Beweismittel für Ihre zukünftige steuerliche Anerkennung.

Das Urteil macht aber auch klar, wie wichtig eine saubere Dokumentation ist. Es stellt sich daher die entscheidende Frage: Wie gut dokumentieren Sie bereits heute Ihre Vermietungsbemühungen, um für eine solche Mehrjahresprüfung gewappnet zu sein?